Vier von fünf Bäumen sind krank
Nach der Waldzustandserhebung des Bundeslandwirtschafts- ministeriums (BMEL) sind vier von fünf Bäumen krank. Bei allen Baumarten ist ein Großteil der Baumkronen geschädigt – mit 44 Prozent in der Warnstufe und bei 35 Prozent sogar mit deutlichen Kronenverlichtungen. Der schlechte Kronenzustand zeigt, wie sehr die Bäume geschwächt sind. Ursache ist der Klimawandel mit den damit zusammenhängenden steigenden Temperaturen und Wetterextremen, wie langen Trockenzeiten, Starkniederschlägen und Starkwinden. Das Sterben der Bäume ist aber nicht nur Folge, sondern auch eine Ursache des Klimawandels, weswegen dem Schutz des Waldes vorrangige Aufmerksamkeit gewidmet werdenn sollte.
Gerade vor diesem Hintergrund ist es umso bedenklicher, dass immer noch große Teile eines Schutzwaldes für wirtschaftliche Zwecke abgeholzt werden und kein Umdenken stattfindet. Vor Jahrzehnten beschlossene Vereinbarungen oder erteilte Genehmigungen sollten auf Grundlage der veränderten Bedingungen überprüft werden.
Top Thema: Langener Bannwald
Bei Bannwald handelt es sich um Wald, der aufgrund seiner Lage vor allem in städtischen Ballungsräumen und waldarmen Gegenden unersetzlich ist. Dieser Wald sorgt für ein ausgeglicheneres Stadtklima, bietet Erholungsraum und wirkt sich positiv auf Wasser- und Lufthaushalt aus.
1996 wurde eine Fläche von 1.500 Hektar im Bereich des Langener Waldsees zum „Bannwald“ erklärt.
(Auf Anfrage des BUND-Landesverbandes teilte im Jahr 2000 der damaligen Staatsminister Wilhelm Dietzel mit: „Die Waldgebiete um den Langener Waldsee wurden 1996 zum Bannwald erklärt mit der Folge, dass Rodung und Umwandlung dort verboten sind." (Quelle: op-online))
Nach dem Hessischen Waldgesetz ist Bannwald die höchste Schutzkategorie für Wälder. Wald kann von den zuständigen Forstbehörden zu Bannwald erklärt werden, wenn er "im Hinblick auf seine Schutz-, Klimaschutz- und Erholungsfunktion in besonderem Maße schützenswert ist", heißt es dazu im Gesetz.
Die Ausweisung eines Bannwalds in Langen wurde damals damit begründet, dass die Waldflächen in diesem Bereich durch Deponien, Kiesabbau, Siedlungen und Verkehrswege bereits so stark geschrumpft seien, "dass weitere Waldverluste vor dem Hintergrund der Bedeutung dieser Waldfläche für das Allgemeinwohl" nicht mehr hingenommen werden sollten.
Wirtschaftliche Nutzung
Seit Jahrzehnten wird in diesem Gebiet Sand und Kies abgebaut. Daraus entstand u.a. der Langener Waldsee als einer der größten Baggerseen im Rhein-Main-Gebiet. Mit der Erschöpfung der Kiesvorräte in den vorhandenen Abbauflächen wurde die Genehmigung zum Abbau weiterer Flächen beantragt. Der Antrag wurde von der damaligen Langener Stadtverordnetenversammlung befürwortet.
Da sich die Vorräte allerdings unter Bannwald befinden, musste das Regierungspräsidium Darmstadt diese Einstufung zuvor aufheben. Die Behörde genehmigte 2013 eine Ausweitung des Tagebaus auf rund 64 Hektar - mit der Begründung, dass das "öffentliche Interesse an einer sicheren und ortsnahen Rohstoffversorgung des Rhein-Main-Gebiets überwiegt". Hier gelte nämlich das „Bergrecht“ und außerdem lasse das Hessische Waldgesetz von 1975 die Aufhebung der Einstufung als Bannwald zu.
Insgesamt 64 Hektar Wald fallen dem Kiesabbau zum Opfer
Mit der Abbaugenehmigung verbunden war die Genehmigung zur abschnittsweisen Rodung von rund 64 Hektar Wald - einer Fläche, die der Größe von 90 Fußballfeldern entspricht. Knapp die Hälfte davon, etwa 30 Hektar, wurde in den letzten Jahren bereits gerodet. Alle zwei Jahre muss das Regierungspräsidium, zusätzlich zur grundsätzlichen Genehmigung, eine Zulassung für die Durchführung weiterer Rodungen erteilen.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) klagte gegen die Aufhebung des Bannwald-Status in mehreren Instanzen. 2022 entschied das Bundesverwaltungsgericht Leipzig endgültig, dass die Genehmigung und die Zulassungen für die Firma rechtmäßig sind.
Gravierende Folgen für das Stadtklima
Die Abholzung eines Bannwaldes hat langfristig gravierende Folgen für das Stadtklima.
- Der Verlust der Bäume führt zu einem Anstieg der Temperaturen, da die kühlende Wirkung der Vegetation wegfällt.
- Es kommt zu einer Zunahme der Luftverschmutzung, da die Filterfunktion des Waldes verloren geht.
- Die Luftfeuchtigkeit sinkt, was das Mikroklima verschlechtert und das Risiko von Hitzewellen erhöht.
- Ohne den Schutz des Bannwaldes sind die Bewohner stärker den negativen Auswirkungen des Flugverkehrs ausgesetzt.
Auswirkung auf das Grundwasser
Neben der Zerstörung von Lebensraum für Pflanzen und Tiere und der Zerstörung eines wichtigen CO2 Speichers führt der Waldverlust auch lokal zu einem Anstieg der Temperaturen, der Luftschadtstoffe und des Fluglärms sowie zu sinkenden Grundwasserständen. Durch die Freilegung der Fläche kommt es ebenfalls zu einer Reduktion des Grundwassers und einer erhöhten Verdunstung.
In der Nähe der Kiesgrube gibt es eine Grundwassermess-Stelle des Landesgrundwasserdienstes. Die Aufzeichnungen dieser Messstelle belegen, dass der Grundwasserspiegel dort kontinuierlich sinkt.
Die Abbildung zeigt die Auswertung der Messtelle ID10760 - LANGEN - 507167 - Regierungspräsidium Darmstadt - BR - Langen (Hessen)Landesgrundwasserdienst
Der Kurzanleitung auf der Seite folgen und selbst die Grundwasserstände ansehen.
Hier geht`s zur Auswertungsseite des Landesgrundwasserdienstes
Der Schutz des Langener Bannwaldes geht uns alle an
Die Debatte um wirtschaftliche Interessen versus Klimaschutz ist komplex und oft kontrovers, meist aber einfach mit kurzfristigem Gewinn- und Wachstumsdenken gegenüber mittelfristigem Nachhaltigkeitsdenken zu erklären.
Unwissenheit, Verdrängung oder einfach Gleichgültigkeit: Täglich sterben 150 Tier- und Pflanzenarten aus und auch die absolute Menge an Biomasse, insbesondere bei Insekten und Fischen, hat sich in den letzten 50 Jahren bis zu 70 % reduziert. Ein vergleichbares Massensterben gab es zuletzt vor 66 Millionen Jahren. Wissenschaftler bezeichnen es als das sechste Massensterben in der Erdgeschichte, nur dass diesmal der Mensch und nicht Naturkatastrophen die Ursache sind.
Der Schutz der verbliebenen 34 ha unseres Bannwaldes wird sicher nicht die Welt retten. Aber wenn es jetzt überalle passiert, dass ein kleiner Teil gerettet wird, besteht vielleicht noch die Chance auch den uns nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Welt zu übergeben.
Und so stellen sich folgende Fragen:
- Warum wird die weitere ungehemmte Rohstoffausbeutung nach unsesem Recht immer noch als wichtiger erachtet, als der Schutz von Klima und Umwelt?
- Warum ist es billiger neuen Kies abzubauen, statt in die Chancen einer qualitativ hochwertigen Wiederverwertung von Baustoffen zu investieren?
- Warum macht Bauschutt immer noch die Hälfte des in Deutschland anfallenden Abfalls in den Deponien aus, statt recycelt zu werden?
- Warum wird der regionale Kiesabbau mit Umweltaspekten begründet (Vermeidung langer Transportwege) während der Bauschutt zu Deponien in ganz Deutschland transportiert werden darf?
- Woher sollen eigentlich die Mengen an geeigneten Materialien kommen, die eine sachgerechte Wiederverfüllung des Abbaus - unter Schutz des Grundwassers und der Bodenbeschaffenheit - ermöglichen?
- Warum zielen in Zeiten des Klimawandels nicht alle Bemühungen darauf ab, wenigstens die am einfachsten umzusetzenden Maßnahmen, wie den Erhalt eines eigentlich geschützten Waldes, anzugehen?
Wiederaufforstung als Bedingung zur wirtschaftlichen Nutzung
In § 12 des Hessisches Waldgesetz (HWaldG) ist in Absatz folgendes zur Wiederaufforstung geregelt:
"(4) Die Genehmigung von Maßnahmen nach Abs. 2 Nr. 1 kann davon abhängig gemacht werden, dass die Antragsstellerin oder der Antragsteller flächengleiche Ersatzaufforstungen in dem betroffenen Naturraum oder in waldarmen Gebieten unter Berücksichtigung agrarstruktureller Belange nachweist...."
"(5) Soweit nachteilige Wirkungen einer Waldumwandlung nicht durch Ersatzaufforstungen ausgeglichen werden können, ist eine Walderhaltungsabgabe zu entrichten, deren Höhe nach der Schwere der Beeinträchtigung, dem Wert oder dem Vorteil für den Verursacher sowie nach der wirtschaftlichen Zumutbarkeit zu bemessen ist. Die Abgabe ist zur Erhaltung des Waldes zu verwenden...."
Nach derzeitiger Beschlusslage soll der Kiesabbau incl. der Rekultivierung im Jahr 2048 abgeschlossen sein.
Allerdings bedeutet das nicht, dass die Renaturierungsmaßnahmen dann bereits auch fachbehördlich abgenommen sind. Wann das Areal der Süd/Ost-Erweiterung wieder an die Stadt zurück geht, weiß niemand. Die ehemalige Ostgrube befindet sich auch noch nicht wieder in städtischer Hand.
Ob der vorgegebenen Wiederaufforstung vollumfänglich nachgekommen wird, sollten die Stadt, wie auch Umweltverbände genau im Auge behalten.
Ein paar Fakten zu Bäumen
Baustoffrecycling als Alternative?
Baustoffrecycling ist eine wichtige Alternative zum Sand- und Kiesabbau und gewinnt zunehmend an Bedeutung in der Bauwirtschaft. Hier sind einige Gründe, warum es eine sinnvolle Alternative darstellt:
Ressourcenschonung: Der Abbau von Sand und Kies belastet die Umwelt erheblich, da er zur Zerstörung von Landschaften, zur Beeinträchtigung von Ökosystemen und zur Verringerung der Biodiversität führt. Durch das Recycling von Baustoffen können natürliche Ressourcen geschont und der Abbau von Sand und Kies reduziert werden.
Abfallvermeidung: Durch das Wiederverwenden und Recyceln von Abbruchmaterialien, wie Beton, Ziegeln oder Asphalt, wird der Abfall auf Deponien reduziert. Das trägt zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft bei und verringert den Bedarf an neuen Rohstoffen.
Klimaschutz: Der Abbau und der Transport von Sand und Kies verursachen erhebliche CO₂-Emissionen. Durch Baustoffrecycling können diese Emissionen gesenkt werden, da weniger neue Materialien abgebaut und transportiert werden müssen.
Kosteneffizienz: In vielen Fällen kann das Recycling von Baustoffen kostengünstiger sein als der Kauf und Transport neuer Materialien. Insbesondere in Regionen, in denen Sand und Kies knapp sind, kann Baustoffrecycling eine wirtschaftlich attraktive Alternative sein.
Technologische Entwicklungen: Die Technologie im Bereich des Baustoffrecyclings hat sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt. Es gibt inzwischen effiziente Verfahren, um hochwertige Recyclingbaustoffe herzustellen, die den Anforderungen im Bauwesen entsprechen.
Gesetzliche Vorgaben: In einigen Ländern gibt es bereits gesetzliche Regelungen, die das Recycling von Baustoffen fördern oder sogar vorschreiben. Dies unterstützt die Reduktion des Abbaus von natürlichen Ressourcen wie Sand und Kies.
Zusammengefasst bietet Baustoffrecycling eine nachhaltige und umweltfreundliche Alternative zum traditionellen Sand- und Kiesabbau. Es trägt dazu bei, natürliche Ressourcen zu schonen, Abfall zu reduzieren und die Umweltbelastung zu verringern.
Weiterführende Informationen zum Thema Baustoffrecycling finden Sie auf der Seite des
Umweltbundesamtes - Baustoffrecycling
Es gibt bereits Firmen, die sich diesem Thema verschrieben haben. Auf der Seite dieser als Beispiel genannten Firma, ist zu sehen, was möglich ist.
Allderdings muss man auch sagen, dass Baustoffrecycling nicht ganz unprobelmatisch ist, da Beton-Recycling rechtlich immer nochals Abfall definiert wird. Hier ist der Gesetzgeber gefragt. Hier finden Sie eine interessante Seite zum Thema.
Text und Gestaltung: Christine Schäfer - Mitautor Jürgen Schilling (BUND Langen/Egelsbach) - August 2024
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